Saskia Senge: Care Mail - a Postcard
Saskia Senge
Care Mail - a Postcard
Care Mail Exchange

Text by Saskia Senge
German - English translation by Emma Wilson

Ich habe diese Postkarte bei dem letzten Besuch bei meiner Schwester gesehen und ein Foto davon gemacht.
Auf der Fahrt zu ihr nach Berlin sprachen Julia -eine Freundin, der ich verbotenerweise beim Umzug nach Berlin half - über Diszipliniert-Sein und Hartnäckig-Sein.
Julia sagte von sich, sie sei diszipliniert und habe meistens einen sehr strukturierten Tagesablauf.
Das sei wichtig für ihr Schreiben und Denken. Julia ist Schriftstellerin
und wenn ich sie treffe, dann meistens am Abend auf ein Bier und dann rauchen wir viele Zigaretten.

Vor Kurzem habe ich einem Freund versucht zu beschreiben, wer oder wie Julia ist.
Ich sagte ihm, sie sei eine der schlausten Menschen, die ich kenne. Er sagte, er glaube nicht, dass jemand das Attribut „schlau“ schmeichelhaft fände.
Und so versuchte ich es noch einmal:
Julia hat etwas zartes und jungenhaftes mit Sommersprossen im Gesicht und gleichzeitig hat sie etwas Kantiges und Schelmisches.
Sie unterhält sich sehr gerne; soweit ich weiss, schätzt sie abwegige Gedankenschleifen.
Sie verfügt über ein so großes Pool an Wissen, dass sie in unseren Gesprächen meine Gedanken in philosophische, geschichtliche, politische Kontexte setzt und mein Denken mit „der Welt“ verbindet.
Ich fühle mich dann geborgen, so als würde mich jemand zudecken….

EN:

I saw this postcard the last time I visited my sister. On the way to see her in Berlin, Julia - a friend who I was illegally helping to move to Berlin - talked about being disciplined and persistent.

Julia said that she was disciplined and mostly had a very structured daily routine. She said that it’s important for her writing and thinking.

Julia is a writer, and if I meet her it’s usually in the evening for a beer and then we smoke a lot of cigarettes.

Recently I tried to describe who Julia is or what she’s like to another friend. I told him she’s one of the sharpest people I know. He said he didn’t think “sharp” was an attribute someone would find flattering. And so I tried again:

Julia has something delicate and boyish from the freckles on her face, and at the same time she has something angular and mischievous. She loves to discuss things, and as far as I know she appreciates strange loops of thought.

She has such a large pool of knowledge at her disposal that, during our conversations, she sets my ideas in philosophical, historical and political contexts, and my thinking connects to “the world”. Then I feel safe, as if someone was tucking me in…